Nach der Insolvenz ist alles gut? Oder: Alte Kontopfändungen nach der Restschuldbefreiung als Stolperstein mit viel Aufwand
Mit Ablauf „der dreijährigen Inso“, meinen viele Schuldner*innen, sei nun alles für sie erledigt. Leider trifft das gerade im Falle alter Kontopfändungen immer öfter nicht zu. Während des Insolvenzverfahrens und in der Wohlverhaltensphase gilt ein Vollstreckungsverbot bzw. sind Vollstreckungen weiterhin unzulässig (§ 89 InsO bzw. § 294 InsO). Nach Ablauf der drei Jahre gelten diese Verbote jedoch nicht mehr.
Dann informiere ich einfach meine Bank über die Restschuldbefreiung und die zahlt mir dann den pfändbaren Betrag doch sicher aus?
Leider bestehen die Kontopfändungen über die Restschuldbefreiung hinaus. Sie werden weder automatisch per Gesetz und auch leider nicht immer von den betreffenden Gläubiger*innen nach abgeschlossenem Insolvenzverfahren aufgehoben. Es besteht dann weiterhin die sogenannte „Verstrickung“, was in der Folge heißt, dass pfändbares Einkommen von den Banken einbehalten werden muss, bis der zugrundeliegende Vollstreckungsakt beseitigt wird.
Hiermit sind nun auch die Banken oftmals überfordert:
Die Bank separiert also die ggf. pfändbaren Anteile. Solange die Pfändungen bestehen, bekommt sie aber nicht die*der ja eigentlich restschuldbefreite Schuldner*in, sondern eher noch (aber auch nicht immer) die*der ehemalige Gläubiger*in.
Sollte die Bank sich zur Auskehrung an die Gläubiger*innen entschlossen haben, ist je nach pfändbarem Betrag und der individuellen, freibetragsbezogenen „Ansparmöglichkeit“ auf dem P-Konto unter Umständen Eile geboten.
Wie komme ich denn jetzt an das Geld?
Jede*r einzelne der noch aktiv pfändenden (ehemaligen) Gläubiger*innen muss – am besten unter Vorlage des entsprechenden Beschlusses über die Restschuldbefreiung – aufgefordert werden, die Kontopfändungen aktiv bei der betreffenden Bank aufzuheben. Das kann je nach Anzahl der noch aktiven Kontopfändungen und den zugehörigen Gläubiger*innen sowie nach eventuellen Forderungsübergängen ein beschwerlicher, langwieriger und deswegen maximal unerfreulicher Weg sein. Bei drohender Auskehrung drängt die Zeit.
Sollte dies also nicht zum Erfolg führen, muss die*der Schuldner*in gegen jeden einzelnen Pfändungsbeschluss beim jeweilig ausstellenden Gericht eine Vollstreckungsabwehrklage einreichen.
Gibt es etwas, was ich als Schuldner*in schon vorher dagegen tun kann?
Die beste Möglichkeit wäre ein geregelter Kontowechsel bereits in der Wohnverhaltensphase. Das neue Konto ist dann durch keine Pfändungen beeinträchtigt und muss auch, sofern keine neuen Pfändungsbeschlüsse eintrudeln, kein P-Konto mehr sein.
Zugegebenermaßen haben unsere Schuldner*innen jedoch immer Probleme bei einer Kontoeröffnung, zumal bei einem bereits bestehenden Konto die Regelung des Basiskontos ja nicht greift.
Geht das nicht einfacher?
Bislang leider noch nicht. Die AG SBV hat sich jedoch positioniert und setzt sich für eine Änderung des § 89 Abs.1 InsO ein (nach Vorschlag Prof. Dr.Grote; ZinsO 2023, 589), nach welcher dann Pfändungen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens dauerhaft aufzuheben wären.
Quelle: Positionspapier „Dringender Reformbedarf zur Lösung der Verstrickungsproblematik während des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren“ der AG SBV vom 30.04.2024