3. Februar 2006

Thomas Seethaler, Caritasverband Heidelberg

In den letzten 6-9 Monaten beobachte ich in meiner täglichen Praxis häufiger, dass die Fa. Euler-Hermes-Forderungsmanagement, Teil der Allianz Group, nach ihrer Übernahme der Fa. Hermes Forderungsmanagement, verstärkt alte Forderungen, vornehmlich von Volksbanken, gegenüber Schuldnern geltend macht. Einige Kolleg(inn)en haben mir diese Beobachtung aus eigener Erfahrung bestätigt.

Teilweise handelt es sich um Forderungen, die 15 Jahre und älter sind, teilweise existieren die Ursprungsbanken nicht mehr. In sämtlichen Fällen sind die Forderungen im Rahmen von Kreditversicherungsverträgen auf die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG übergegangen, die nun von der Tochterfirma Euler-Hermes-Forderungsmanagement vertreten wird. Nach außen wird zunächst jedoch nur der Ursprungsgläubiger genannt.

Bisher habe ich mit dem nachfolgenden Musterbrief die Erfahrung gemacht, dass Euler-Hermes-Forderungsmanagement die Verwirkung „ohne eine Präjudiz für ähnlich gelagerte Fälle“ anerkannt hat und auf die weitere Geltendmachung der Forderungen verzichtet.

Lediglich in einem Fall hat sie nun die Einrede zurückgewiesen, da ihrer Meinung nach die Umstandsmomente des § 242 BGB nicht gegeben seien, da die Gläubigerin der Schuldnerin niemals die Erledigung der Forderung schriftlich mitgeteilt habe. Auf den Einwand, dass ja gerade in der im vorliegenden Fall 18jährigen Untätigkeit der Umstandsmoment liege, wird nun seit geraumer Zeit der Vorgang von Euler-Hermes-Forderungsmanagement weiter geprüft.

Musterbrief:

Sie machen gegen Herrn / Frau Musterschuldner eine Forderung Alt-Bank AG geltend. Gegen diese Forderung wird hiermit die Einrede der Verwirkung geltend gemacht.
Die o.g. Forderung ist nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwirkt. Die Forderung stammt aus dem Jahr (mindestens deutlich mehr als 10 Jahre) und wurde nach Kündigung des zugrundeliegenden Darlehensvertrages mit Vollstreckungsbescheid vom 00.00.0000 tituliert. Danach erfolgte laut der von Ihnen vorgelegten Forderungsabrechnung vom 00.00.0000 sowie der entsprechenden Gerichtsvollzieherstempel auf dem Titel lediglich eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Anschließend erfolgten bis heute keinerlei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder ein persönlicher oder schriftlicher Kontakt mit Herrn / Frau Musterschuldner, z.B. durch Zahlungsaufforderungen, Mahnungen, Abrechnungen o.ä., obwohl diese/r für Sie bzw. den Gläubiger immer ohne weiteres erreichbar gewesen wäre. Nach Titulierung verzog Herrn / Frau Musterschuldner zwar nach XY meldete sich jedoch ordnungsgemäß beim Einwohnermeldeamt um. Unter der gemeldeten Anschrift haben Sie ihn / sie nun auch ohne weiteres – insbesondere auch ohne Einwohnermeldeamtsanfrage – ausfindig machen können.

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist eine Forderung verwirkt, wenn der Schuldner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darauf vertrauen kann, nicht mehr an den Gläubiger zahlen zu müssen, obwohl die Forderung noch nicht verjährt ist. Ein wichtiges Kriterium ist dabei der Zeitablauf. Das Landgericht Trier (Urteil vom 29.05.1992 – 2 O 174/91, NJW – RR 1993, 55f., VuR 1993, 93 f.), hat wegen eines eingetretenen Zeitablaufes von acht Jahren und der Untätigkeit der Bank während des gesamten Zeitraumes festgestellt, dass der Anspruch der Kreditbank verwirkt sei. Ähnlich haben in jüngerer Zeit auch das Amtsgericht Worms (Urteil vom 30.05.2000-3C 9/00; NJW – RR 2001, 415f.) und das OLG Frankfurt (Beschl. v. 8.10.2002 – 13 W 54/02; ZVI 2003, 116) entschieden. Sie bzw. die Altbank AG waren im vorliegenden Fall erheblich länger vollkommen untätig, nämlich mehr als 00 Jahre.

Zusätzlich zum Zeitmoment müssen noch andere Umstände hinzukommen, damit eine Forderung verwirkt ist. So z.B., dass es sich um einen titulierten Anspruch handelt, aus dem heraus Zwangsvollstreckungsmaßnahmen möglich gewesen wären. Dies ist hier der Fall gewesen. Es erfolgte keinerlei Aktivität, die die durch den Grundsatz von Treu und Glauben bei Herrn / Frau Musterschuldner gewachsene Überzeugung, die Angelegenheit sei erledigt, hätte erschüttern müssen. Insbesondere hätten Sie dies jederzeit durch Mahnbriefe und/oder Vollstreckungsmaßnahmen bewirken können, haben dies jedoch unterlassen. Herr / Frau Musterschuldner konnte deshalb zu Recht darauf vertrauen, dass die Angelegenheit nach einer so langen Zeitspanne ohne irgendeine Aktivität für sie erledigt ist.

Mit freundlichen Grüßen

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