Bis zum 30.06.2024 musste die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag berichten, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbrauchern ausgewirkt hat. Zugleich sollen etwaige Hindernisse beleuchtet werden, die von der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien für den wirtschaftlichen Neustart restschuldbefreiter Verbraucher ausgehen.
Dieser Bericht liegt nun vor (BT-DRs 20/1250) und stellt fest:
„Die Entwicklung der Antragszahlen seit Anfang des Jahres 2022 gibt keinen Hinweis darauf, dass Verbraucher vermehrt oder systematisch von der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung Gebrauch machen wollen. Vielmehr bewegen sich die Zahlen weitgehend konstant auf dem Niveau von 2018 und 2019. Anhaltspunkte für eine dauerhafte oder strukturell bedingte wachsende Nachfrage nach Entschuldungen, die sich als Ausdruck einer ausbreitenden Sorglosigkeit von Verbrauchern in Finanzfragen interpretieren ließe, sind hiernach nicht ausmachbar. (…)
Die Frage zu den Auswirkungen der Speicherung insolvenzbezogener Daten durch Auskunfteien auf die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neustarts der betroffenen Personen hat zu wesentlichen Teilen durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 7. Dezember 2023 in den verbundenen Rechtssachen C-26/22 und C-64/22 ihre Erledigung gefunden. Hiernach sind Auskunfteien nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a DSGVO gehalten, aus öffentlichen Registern gewonnene insolvenzbezogene Daten nicht über die für das öffentliche Register geltende Speicherhöchstfrist hinaus zu speichern. (…)“
Mehrere Stellungnahmen haben die Evaluation zum Anlass genommen, zum Restschuldbefreiungsrecht sowie überhaupt zum Privatinsolvenzrecht Stellung zu nehmen und Vorschläge zu dessen Fortentwicklung zu unterbreiten.
− die Ausweitung und Verbesserung des Beratungsangebots und die Einbeziehung von Freiberuflern, Solo- und Kleinselbständigen;
− eine Vereinfachung der Antragsformulare und verbesserte Verständlichkeit der Erläuterungstexte;
− die Bindung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens an einen Antrag des Schuldners;
− die Beschränkung von Forderungsanmeldungen, -prüfungen und -feststellungen auf massehaltige Verbraucherinsolvenzverfahren;
− die Einführung einer dreimonatigen Ausschlussfrist für Forderungsanmeldungen in Verbraucherinsolvenzverfahren sowie einer Frist für Feststellungsklagen der Gläubiger;
− die Lösung der Verstrickung von massezugehörigen Forderungen aus einer vorausgegangenen Einzelzwangsvollstreckung;
− die Eingrenzung der von der Restschuldbefreiung nach § 302 InsO ausgenommenen Forderungen sowie Klarstellungen zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift;
− die statistische Erfassung erneuter Antragstellungen nach Ablauf der Sperrfrist, um Regelungsnotwendigkeiten zur Aufdeckung und Vermeidung strategisch wiederkehrender Anträge („Drehtür-Effekte“) zu prüfen;
− die Schließung von Regelungslücken im Bereich der Sperrfristen nach § 287a InsO;
− die Vereinheitlichung der Versagungsgründe zur Erteilung einer Restschuldbefreiung während des Insolvenzverfahrens und in der Wohlverhaltensphase;
− die Erstreckung der nach der EuGH-Rechtsprechung von den Auskunfteien anerkannten Rechtslage zu den insolvenzbezogenen Speicherfristen auf Informationen über außergerichtliche Einigungen und einvernehmliche Schuldbefreiungen sowie die Schaffung einer umfassenden gesetzlichen Regelung zur Speicherdauer und zum Löschungsanspruch im Lichte der EuGH-Rechtsprechung.