3. April 2020

Birgit Knaus, Evangelischer Diakonieverband im Landkreis Böblingen

Die so genannte EU-Restrukturierungsrichtlinie muss derzeit in nationales Recht umgesetzt werden. Eine Gesetzesänderung für das Verbraucherinsolvenzverfahren gibt es bislang nicht. Es gibt aber aktuell eine Veröffentlichung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Justiz (BMJV). Der Hauptpunkt ist die Verkürzung der Laufzeit für die Restschuldbefreiung auf drei Jahre. Diese soll ab 17.Juli 2022 gelten und schrittweise eingeführt werden.

Was heißt dies nun für die Beratungspraxis?

Die veröffentlichte Tabelle ist zwar noch kein Gesetz. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sie so wie veröffentlicht in das Gesetz einfließen und rückwirkend gelten wird. D.h. seit dem 17.12.2019 verkürzt sich die Verfahrensdauer jeden Monat um einen Monat, so dass die Restschuldbefreiungen für alle jetzt eingereichten Verfahren im Juli oder August 2025 erfolgen werden.

Hinsichtlich der bisherigen Verkürzungsmöglichkeiten (5 Jahre bei Bezahlung der Verfahrenskosten; 3 Jahre bei Bezahlung Verfahrenskosten + 35 % Quote für die Gläubiger) ändert sich bislang noch nichts. Diese Regelungen sollen ab 17. Juli 2022 entfallen.

Für die Beratung wegen einer Verbraucherinsolvenz heißt das:

  • Bei allen, die unter der Pfändungsgrenze liegen und nichts haben, spielt es bis Mitte Juli 2022 keine Rolle, wann sie das Insolvenzverfahren einreichen. Die Restschuld- befreiung erfolgt immer im gleichen oben genannten Zeitraum – also kein Stress.
  • Für diejenigen, die die Verfahrenskosten bezahlen wollen oder die in sehr geringem Umfang pfändbar sind, gilt noch die Verkürzungsmöglichkeit auf 5 Jahre. Allerdings wird ab 17. Juli 2020 für alle Verfahren nur noch die 5-jährige Laufzeit gelten, so dass es ab diesem Zeitpunkt kein Vorteil mehr ist. Es ist aber dennoch überlegenswert, die Verfahrenskosten auszugleichen, weil man sich die anschließenden Stundungsanträge für die 4 Jahre nach Restschuldbefreiung ersparen kann. Für viele Klienten ist es auch ein Wunsch, etwas zum Verfahren beizutragen. Wir beraten – die Entscheidung liegt beim Klienten.
  • Für diejenigen, die hoch pfändbar sind oder die, die verwertbares Vermögen haben, kann auch weiterhin die Verkürzung auf 3 Jahre interessant bleiben. Sie wird eben immer unattraktiver, je mehr wir uns dem 17.Juli 2022 nähern. Für das Einbringen von Zuschüssen seitens Dritter ist aber eine Verbesserung vorgesehen: Sie werden künftig nicht mehr in die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters einbezogen!

Auswirkung auf den AEV:

Die Laufzeiten bei den außergerichtlichen Einigungsversuchen und bei gerichtlichen Schuldenbereinigungsplänen sollten die Verkürzung beim Insolvenzverfahren wiederspiegeln. Kürzere Laufzeiten beim AEV bedeuten aber i.d.R. auch kleinere Quoten. Wie hier die Gläubiger reagieren werden, werden wir sehen. Vermutlich wird es schwieriger, außergerichtliche Lösungen durchzusetzen.

Bei Erstellung der dieser Regulierungspläne sollte beachtet werden, dass die verkürzte Laufzeit des Insolvenzverfahrens erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnen. Wenn eine längere Zeitspanne zwischen Antragstellung und Tag der Eröffnung des Verfahrens liegt, verschiebt sich der Beginn der Laufzeit entsprechend nach hinten. Die Laufzeit ist dann länger wie bei Verfahren, die im selben Monat beantragt und am selben gedachten Tag eröffnet werden. Insolvenzverfahren, die am gleichen Tag eröffnet wurden, können daher unterschiedlich lang laufen. Gerade bei gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren, die sehr lange laufen, könnte es eine große Verschiebung geben. In der Praxis sollte daher, vor allem bei gerichtlichen Schuldenbereinigungsplänen, bei der Laufzeit auf die Dauer, die bei Versand des Vorschlags gilt, abgehoben werden. Bei einem sehr langen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren, das jedoch scheitert, könnte sogar überlegt werden, den Insolvenzantrag zurückzunehmen und lieber einen neuen Antrag zustellen, z.B. mit einem flexiblen Schuldenbereinigungsplan, der nicht durchgeführt werden wird, um dadurch eine kürzere Laufzeit zu erreichen.

Welche Änderungen sind sonst noch vorgesehen?

  • Einen neuen Antrag auf Restschuldbefreiung wird man ab dem 17.Juli 2022 erst nach 13 Jahren (bisher 10 Jahre) stellen können.
  • Informationen über Insolvenz- und Restschuldbefreiung müssen in Auskunfteien (Schufa!) bereits nach einem Jahr (bisher 3 Jahre) gelöscht werden.
  • Im Formular für das Verbraucherinsolvenzverfahren wird es mit der Gesetzesänderung kleinere Änderungen (vor allem Anlage 3 Abtretungserklärung) geben. Ab dann neues Formular nutzen!

Weitere Änderungen sind seitens des Bundesministeriums wohl nicht vorgesehen. Mit der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes ist im Herbst 2020 zu rechnen. Wir halten Euch auf dem Laufenden!