Thomas Seethaler, Heidelberg
Auch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen zum Thema Inkassokosten hat sich die Situation nur unbefriedigend verbessert. Die Verbraucherzentralen haben bundesweit über 1.400 Inkassofälle ausgewertet, die Ihnen von Verbrauchern vorgelegt wurden.
Verbraucher werden durch unseriöse Inkassodienste massiv unter Druck gesetzt: Mehr als die Hälfte der Forderungen sind willkürlich, die Höhe der Gebühren ist oft unverhältnismäßig. Das sind die wesentlichen Ergebnisse einer bundesweiten Aktion der Verbraucherzentralen.
In einer Pressemeldung vom 25.11.2015 berichtet die VZ Rheinland-Pfalz über ihre Erkenntnisse aus der bundesweiten Auswertung:
Vom 1. Mai bis 31. August dieses Jahres wurden 1.413 Beschwerden zu Inkassodiensten erfasst und ausgewertet. Die Verbraucherzentralen sahen sich dazu veranlasst, denn trotz gesetzlicher Verbesserungen ebben die Anfragen in den Beratungsstellen nicht ab.
Fragliche Vertragsgrundlagen und uneinheitliche Gebühren
Bei den untersuchten Beschwerden stammte fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsanbieter. Aber auch Gewinnspiel-Anbieter, E-Mail-Dienste, Dating-Portale und Versandhändler versuchten ihre Ansprüche geltend zu machen. In 56 Prozent der Fälle gab es gar keine Vertragsgrundlage für die Forderung. Inkassodienste sind nicht verpflichtet, die Ansprüche, die sie eintreiben, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
Die Auswertung zeigte auch, dass die Berechnung der Inkassogebühren uneinheitlich ist. Für einfache und standardisierte Zahlungsaufforderungen sind die Gebühren oft unangemessen hoch.
Drohgebärden und vorformulierte Schuldanerkenntnisse
In einem Drittel der geprüften Anschreiben wurden massive Drohungen ausgesprochen. Verbraucher müssten beispielsweise mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckung rechnen. Betroffene zahlen häufig aus Angst, obwohl sie dazu möglicherweise gar nicht verpflichtet sind. In 20 Prozent der ausgewerteten Fälle wurden Verbraucher gedrängt, eine Ratenzahlungsvereinbarung zu unterzeichnen. Häufig ist daran ein vorformuliertes Schuldanerkenntnis gekoppelt. Mit diesem Trick schaffen sich die Inkassodienste eine gültige Rechtsgrundlage.
Keine effektive Aufsicht durch die Behörden
Stichprobenartig meldeten die Verbraucherzentralen Bayern und Sachsen-Anhalt 16 auffällige Inkassounternehmen bei den als Aufsichtsbehörden zuständigen Amts- und Landgerichten. Diese haben in keinem Fall eigene Maßnahmen eingeleitet. In vier Fällen erklärten die Gerichte ausdrücklich, dass sie mangels gesetzlicher Grundlage nicht tätig werden können. Auch bei ausländischen Unternehmen etwa mit Sitz in der Tschechischen Republik oder Konten in Rumänien findet keine Kontrolle statt.
Regelungslücken schließen
Am 1. November 2014 traten die neuen Regelungen für Inkassounternehmen im Rahmen des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft. Hierfür hatten sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen stark gemacht. Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Gesetz positive Wirkung entfaltet, es gibt aber weiterhin politischen Handlungsbedarf.
Das Positionspapier des vzbv nennt wichtige Maßnahmen:
- So sollte etwa ein verbindliches Muster für die Darstellung der Pflichtinformationen eingeführt werden, damit Verbraucher einfacher prüfen können, ob die behauptete Forderung berechtigt ist.
- Die Aufsicht über Inkassounternehmen sollte stärker gebündelt werden.
- Darüber hinaus sollte die Höhe von Inkassokosten verbindlich geregelt werden, um willkürliche und überhöhte Gebührenforderungen der Inkassounternehmen zu verhindern.