6. Oktober 2020

Wolfgang Schrankenmüller, Stuttgart

Am 30. September 2020 veranstaltete der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zum aktuellen Gesetzesvorhaben zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens.

Insgesamt waren acht Sachverständige geladen, die allesamt die Verkürzung der Laufzeit auf drei Jahre begrüßt haben. Abgelehnt wurde jedoch vor allem die im Regierungsentwurf vorgesehene unterschiedliche Behandlung von Privatpersonen und Unternehmern und die lange Löschungsfrist von Insolvenzdaten bei Auskunfteien. Kritisiert wurde auch das dem Regierungsentwurf zugrundeliegende Schuldnerbild, „das von einem Missbrauchsgedanken durchzogen sei“. Die angehörten Rechtswissenschaftler und die Schuldnerberaterin bedauerten, dass der Regierungsentwurf an diesen maßgeblichen Stellen deutlich vom Referentenentwurf abweiche.

Auf den Seiten des Bundestages ist ein ausführlicher Bericht über die Anhörung veröffentlicht.
Überschrift: „Experten kritisieren Entwurf Restschuldbefreiung
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw40-pa-re

Die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen sind zu finden unter:
https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_Recht/anhoerungen_archiv/stellungnahmen-793606

Einige der Sachverständigen hatten sich schon am 20. Juli 2020 mit einem Aufruf zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens an die Öffentlichkeit gewandt.

Stellungnahme Bundesrat und Gegenäußerung der Bundesregierung
Bereits am 18. September hat der Bundesrat nach Beratungen in den Ausschüssen Recht und Arbeit, Integration und Sozialpolitik zum Regierungsentwurf Stellung genommen. Die abweisende Gegenäußerung der Bundesregierung kam prompt wenige Tage später. Sie hält daran fest, dass eine Verkürzung der Speicherfristen nicht ohne die vorgesehene Evaluation vorgenommen werden sollte. Es bleibt bei der Befristung der Dauer der Restschuldbefreiung von 3 Jahren für Verbraucher bis 30. Juni 2025. Über eine Verlängerung der Geltungsdauer der Regelungen ab 1. Juli 2025 soll auf Grundlage der Informationen entschieden werden, welche die Evaluation liefern wird. Der Evaluationszeitraum bis zum 30. Juni 2024 sei angemessen.
Stellungnahme Bundesrat und Gegenäußerung der Bundesregierung siehe unter
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/227/1922773.pdf#page=6

Wie geht es weiter?

Im Kontext der Anhörung kamen auch der weitere Verlauf und Termine des Gesetzgebungsverfahrens zur Sprache. Wie RA Kai Henning in seinem aktuellen Newsletter mailt, bleibt das Datum des Inkrafttretens der Verkürzung offen. Ein rückwirkendes Inkrafttreten zum 1.10.2020 wird eher unwahrscheinlich. Das bestätigen auch andere Beteiligte.
Zunächst wird der Rechtsausschuss wohl in dieser Woche noch mögliche Änderungen des Entwurfs beraten. Dann müssen auch noch Stellungnahmen der Bundesregierung und der einzelnen Ministerien abgewartet werden. Es dürfte daher noch einige Wochen dauern, bis die endgültige Fassung des kommenden Gesetzes feststeht. Doch entscheidend wird sein, wie sich die Koalition verhält. Ob die Koalitionäre sich hier noch auf Änderungen verständigen wollen, ist nach der bisherigen harten Linie eher unwahrscheinlich. Die Sitzungswoche Ende Oktober wäre für eine Verabschiedung des Gesetzes da ein früher Termin.

Was raten wir den KollegInnen in der Praxis: „zornig abwarten“!

Kai Henning rät: „Insolvenzanträge sollten vor diesem Hintergrund von SchuldnerInnen, die in ein dreijähriges Verfahren möchten, noch nicht gestellt werden.“
Damit aber viele bereits durchgeführte Einigungsversuche nicht noch einmal unternommen werden müssen, weil die 6-Monats-Fristen verstreichen, braucht es dringend eine entlastende Lösung für die Beratungspraxis. Hilfreich wäre da eine befristete Verlängerung der Frist in § 305,1 Nr. 1 InsO zwischen Scheitern der außergerichtlichen Einigung und der Antragstellung von 6 auf 12 Monate. Auch in Hinblick auf die hohe Anzahl der zu erwartenden Anträge, die nicht ohne längere Bearbeitungszeiten bei den Insolvenzgerichten ausgeht, wäre dies eine Entlastung für Schuldnerberatung und Gerichte. Das müsste sich doch noch machen lassen!