13. November 2017

Auch eine nach §§ 88 und 89 InsO unwirksame oder unzulässige Vollstreckung führt zu einer öffentlich-rechtlichen Verstrickung. Die Wirkungen der Verstrickung durch die Pfändung eines schuldnerischen Kontos dauern im Insolvenzverfahren fort, bis sie auf einem dafür vorgesehenen Weg beseitigt worden sind. Das kontoführende Institut kann als Drittschuldner das Auszahlungsverlangen des Insolvenzverwalters mit der Begründung ablehnen, dass die Verstrickung der Vermögenswerte auf dem Konto fortbesteht.

BGH Urt. vom 21.9.17 -IX ZR 40/17- 

Anmerkung (RA Kai Henning, Dortmund):

Diese Entscheidung wird große Auswirkungen auf die praktische Arbeit in den Insolvenzverfahren der natürlichen Personen haben. Denn Schuldnerinnen oder Schuldner führen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens häufig ihre Girokonten als Pfändungsschutzkonten, auf denen bereits Pfändungen liegen. Ein Kontenwechsel nur wegen einer vorliegenden Pfändung ist nicht einfach, da die wegen eines neuen Kontos angesprochene Bank die Einrichtung eines Kontos gem. § 35 ZKG mit dem Hinweis auf eine bereits bestehende Bankverbindung ablehnen kann.

Da der BGH zutreffend zwischen der Unzulässigkeit oder Unwirksamkeit einer Pfändung (siehe hierzu auch BGH, Beschl. vom 24.3.11 -IX ZB 217/08-) und der Wirkung einer -trotzdem- erfolgten Verstrickung des Kontos durch eine staatliche Vollstreckungsmaßnahme unterscheidet, müssen nun in Zukunft nach Insolvenzeröffnung zu allen vorliegenden Kontopfändungen entsprechende Anträge zur Ruhendstellung der Kontopfändungen gestellt werden. Hierbei sind die besonderen Zuständigkeiten zu beachten. Bei Vollstreckungen öffentlich-rechtlicher Gläubiger sind die Anträge nicht an das zivilrechtliche Vollstreckungsgericht, sondern an die jeweilige Vollstreckungsbehörde selbst zu stellen.