Birgit Knauß, Kreisdiakonieverband Böblingen
Wenn der Ehepartner stirbt, muss man oft sehr schnell über finanzielle Dinge von erheblichem Umfang entscheiden. Was muss beantragt werden, was steht mir zu und was kann eigentlich gepfändet werden? Schwierig wird es besonders dann, wenn Schulden da sind oder ein Insolvenzverfahren läuft.
In den ersten 3 Monaten nach dem Tod des Ehepartners gibt es in einigen Fällen eine Übergangsschonfrist, in der Lohn oder Rente noch weiter in voller Höhe bezahlt wird.
1.) Der Verstorbene war bereits Rentner
Hat der Verstorbene bereits eine Rente (Erwerbsminderungs- oder Altersrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, so gibt es für den hinterbliebenen Ehegatten gem. § 46 i.V.m. § 67 SGB VI einen Anspruch auf Zahlung der vollen Rente für die drei Kalendermonate, die auf den Todesmonat folgen.
Beispiel: Der Ehemann stirbt am 04. Februar. Die Witwe erhält die volle Rente bis Ende Mai. Anschließend wird die Witwenrente neu berechnet, je nach den Umständen gibt es eine große oder kleine Witwenrente.
Die Witwe muss einen Antrag auf Witwenrente bei der gesetzlichen Rentenkasse stellen.
Sie kann auch innerhalb von 30 Tagen nach dem Tod einen Antrag auf Vorschuss bei der Deutschen Post (Rentenservice) stellen, in dem Sie dort ihre Identität nachweist und eine Sterbeurkunde vorlegt. Dann werden 3 volle Monatsrenten ausbezahlt, die aber auf den Witwenrentenanspruch angerechnet werden.
Eine Besonderheit ist, dass während dieses „Sterbevierteljahres“ keine Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente erfolgt.
a.) Der verstorbene Ehepartner hatte Schulden oder ein Insolvenzverfahren
Da es sich bei der Weiterzahlung der Rente im Sterbevierteljahr um einen Rechtsanspruch des hinterbliebenen Ehegatten handelt, erhält er diese volle Rente auch, wenn er das Erbe ausschlägt, weil Schulden da sind. Es gehört nicht zum Vermögen/Nachlass des Verstorbenen und nicht zur Insolvenzmasse.
Deshalb: Um Schwierigkeiten zu vermeiden, den Vorschuss bzw. die Witwenrente nicht auf ein Konto des Verstorbenen auszahlen lassen!
b.) Der hinterbliebene Ehepartner hat Schulden oder ein Insolvenzverfahren
Die erhöhte Rente im Sterbevierteljahr ist Einkommen des hinterbliebenen Ehepartners und unterliegt den Pfändungsregeln. Gemäß § 850 b I Nr. 4 ZPO ist die Witwenrente grundsätzlich unpfändbar, es können aber gemäß § 850 b II ZPO die Regeln der Pfändbarkeit für Arbeitseinkommen (Lohntabelle) herangezogen werden.
Bei einem laufenden Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter deshalb auf einen möglichen pfändbaren Anteil zugreifen. Ob die Witwenrente in der Wohlverhaltensphase von § 287 InsO (Abtretungserklärung) erfasst wird, ist vom Wortlaut her nicht ganz eindeutig. Es spricht aber vieles dafür.
2.) Der verstorbene Ehepartner war Arbeitnehmer
Stirbt ein Arbeitnehmer, so endet der Anspruch auf Gehalt mit dem Todestag. Es gibt aber viele tarifvertragliche Regelungen, die eine Weiterzahlung des Gehalts an Ehegatten oder Kinder vorsehen (Bsp. § 23 TVöD). Je nach Tarifvertrag kann das bis zu 3 Gehälter umfassen.
Das Gehalt bis zum Todestag gehört zum Vermögen des Verstorbenen und somit zu dessen Nachlass. Das tarifvertragliche „Sterbegeld“ hingegen steht den Hinterbliebenen als eigener Anspruch zu und gehört nicht zum Nachlass.
Für Insolvenzverfahren/Schulden gelten somit die gleichen Regelungen wie für die erhöhte Rente (siehe 1 a und b).
Der hinterbliebene Ehegatte kann außerdem Witwenrente beantragen. Diese sollte schnell beantragt werden, wenn der hinterbliebene Ehegatte kein eigenes Einkommen hat. Denn mit dem Tod endet die Sozialversicherungspflicht des Verstorbenen. War der Ehegatte über den Verstorbenen in der Krankenkasse familienversichert, gibt es nur für einen Monat eine Nachwirkung. Danach ist der hinterbliebene Ehegatte nicht mehr krankenversichert.
Außer tarifvertraglichen Regelungen sind auch entsprechende Klauseln im Arbeitsvertrag möglich. Deshalb unbedingt den Arbeitsvertrag anschauen und mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen.
3.) Sterbegeldversicherungen
Den Begriff „Sterbegeld“ gibt es auch bei sog. Sterbegeldversicherungen. Dabei handelt es sich um spezielle Kapitallebensversicherungen, die dazu dienen sollen, die Beerdigungskosten zu decken und die Hinterbliebenen in der ersten Zeit nach dem Tod zu entlasten. Häufig werden diese Sterbegeldversicherungen von sog. „Sterbekassen“ angeboten.
Weil diese Versicherungen meist nur kleine Summen abdecken, ist das Verhältnis der Verwaltungsgebühren zum Ertrag oft wirtschaftlich ungünstig.
Es gibt aber Vorteile, die sich gerade bei Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten auswirken:
- Bei Lebensversicherungen fällt die Versicherungssumme nicht in den Nachlass. Der Anspruch des Begünstigten ist ein ganz eigener Rechtsanspruch. Ist der Begünstigte Erbe, kann er das Erbe deshalb ausschlagen, ohne die Versicherungssumme zu verlieren.
- Durch Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts kann die Versicherung unpfändbar werden.
- Hat der Versicherungsnehmer Schulden/Insolvenzverfahren kann eine solche Versicherung pfändungsgeschützt sein, wenn sie den Bedingungen des § 851 c ZPO entspricht. Eventuell ist noch eine Umwandlung einer bereits bestehenden Versicherung möglich, wenn die Voraussetzungen nicht gegeben sind!
- Hat der Begünstigte Schulden oder ein Insolvenzverfahren, so gibt es einen Freibetrag gemäß § 850 b I Nr. 4 ZPO (derzeit 3.579 €). Es handelt sich um „bedingt pfändbare Bezüge“, bei denen aber eine Billigkeitsentscheidung auch anders getroffen werden kann.
Da diese Regelungen sehr komplex sind, sollte mit einem Versicherungsberater geklärt werden, ob die Versicherung diesen Bedingungen entspricht.
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