4. Januar 2023

Thomas Seethaler

In der Schuldnerberatungpraxis kommt es immer wieder vor: Durch Fehler der Eltern oder des Jobcenters entstehen Rückforderungsansprüche gegen alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, also gegebenenfalls auch gegen minderjährige Kinder.
Bei Eintritt der Volljährigkeit hafteten die Kinder bisher gemäß § 1629a BGB mit ihrem vollen Vermögen für  Forderungen, die eigentlich ihre Eltern begründet hatten.

Das am 01.01.2023 in Kraft getretene neue Bürgergeldgesetz (SGB II – (Bürgergeld – Grundsicherung für Arbeitssuchende) hat in dieser Frage zu erheblichen Verbesserungen geführt.

In § 40 Abs. 9 SGB II  wurde diese Minderjährigenhaftung nämlich deutlich beschränkt. Statt mit dem vollen Vermögen, das zum Eintritt der Volljährigkeit vorhanden ist, zu haften, ist diese nun beschränkt worden. Das volljährig gewordene Kind haftet zukünftig nur noch mit dem Vermögensbetrag, der 15.000 EURO übersteigt.

Beispiel
Minderjähriger X hat bei Eintritt seiner Volljährigkeit Schulden beim Jobcenter in Höhe von 2.000 EURO und ein Sparbuch mit einem Guthaben von 1.500 EURO.
Nach altem Recht (bis 31.12.2022) müsste er das gesamte Sparvermögen einsetzen, um die Rückstände zu begleichen. Der Rest von 500 EURO entfällt.
Nach neuer Gesetzeslage (ab 01.01.2023) braucht er sein Vermögen nicht zur Schuldentilgung beim Jobcenter einsetzen, da es unter der Grenze von 15.000 EURO liegt. Die Forderung des Jobcenters verfällt. X. wäre gegenüber dem Jobcenter schuldenfrei.

Geltendmachung der Minderjährigenhaftungsbeschränkung
Für die Beratungspraxis gilt weiterhin, das Betroffene die Beschränkung der Minderjährigenhaftung gegenüber der rückforderden Behörde geltend machen müssen. Dies kann durch eine einfache formlose Erklärung mit entsprechenden Belegen über vorhandenes Vermögen erfolgen.

Schuldnerberatungsverbände hatten in der Vergangenheit die bisherige Gesetzeslage der Minderjährigenhaftung ohne Beschränkungen bei der Höhe des Vermögens kritisiert (so z.B. „Als Gläubiger soll der Staat sozial und wirtschaftlich handeln“ – Entschließung auf der Jahresfachtagung der BAG Schuldnerberatung 2022) und einen Verzicht von Rückforderungen solcher Forderungen gefordert.
Nach Einschätzung von Tacheles e.V. „dürfte das Thema in der praktischen Anwendung erledigt sein“.