27. August 2018

Uta Karle, Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart

Seit Mai 2007 bieten zwei Kolleginnen der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart (ZSB) 1x wöchentlich eine Erstberatung direkt vor Ort im Jobcenter U25 (für unter 25jährige Leistungsbezieher) an. Grundlage hierfür war die Entscheidung des Gemeinderates, die Betreuungskapazitäten für die Beratung der vom Jobcenter Stuttgart zugewiesenen Klienten auszubauen.

Die Termine für die Erstberatung bei U25 werden durch die persönlichen Ansprechpartner der Klienten im Jobcenter vereinbart.

Für die persönlichen Ansprechpartner und auch die MitarbeiterInnen der Leistungsabteilung im Jobcenter U25 wurden in den letzten Jahren themenspezifische Fortbildungen durchgeführt. Der inhaltliche Schwerpunkt lag darin, wie festgestellt werden kann, dass ein Bedarf für die Schuldnerberatung besteht. Themen der Schulungen waren u. a. das gerichtliche Mahnverfahren,  Zwangsvollstreckung und Abwendung des Ersatzfreiheitsstrafenvollzuges sowie ein grober Überblick über das Verbraucherinsolvenzverfahren.

Beim Erstgespräch klärt sich schon, ob es sich um einen einmaligen Beratungsbedarf, um Existenzsicherung, ggf. auch um die Vermittlung an eine andere Beratungsstelle handelt oder ob eine weiterführende Beratung in Frage kommt.

Bei der weiterführenden Beratung (die dann in den Büros der ZSB stattfindet) haben sich in den vergangenen Jahren signifikante Merkmale oder Verhaltensmuster herauskristallisiert. Zu den häufigsten Ursachen für die Überschuldung gehören vor allem Unerfahrenheit, Naivität, leichte Beeinflussbarkeit durch Werbung und Statusdenken, sozialer Druck, unwirtschaftliche Lebensweise und schnelle Bereitschaft zu Vertragsabschlüssen.

Die Ver- und Überschuldung junger Menschen weist einige Besonderheiten auf. Selten sind Verbraucherkredite oder nur solche in relativ geringer Höhe. Die Schulden beruhen vor allem auf nicht bezahlten Handyrechnungen (oft hatten die Klienten mehrere Handyverträge), auf Forderungen von Partnerverträgen, Online-Bestellungen, Fitnesscentern, Ratenkäufen im Versand- und Einzelhandel, Rückforderungen der Bundesagentur und Schulden, die in Zusammenhang mit der ersten eigenen Wohnung entstanden.

Oft besteht auch ein strafrechtlicher Hintergrund, z. B. Forderungen aus Körperverletzungsdelikten und den daraus resultierenden Schadensersatzforderungen sowie Schulden, die in Zusammenhang mit Drogenkonsum entstanden.

Erhöhte Beförderungsentgelte bei SSB und DB, und in Zusammenhang damit – sofern eine Anzeige erfolgte – die Geldstrafen sind bei diesem Personenkreis oft vertreten. Häufig wird bereits im Erstgespräch ein Antrag auf Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit gestellt.

Die Zahl der Gläubiger ist vergleichsweise eher gering. Auch die Höhe der Schulden ist i. d. R. niedriger als bei den übrigen Klienten der ZSB.

In Bezug auf die Schuldenbereinigung ist das Verhalten der Gläubiger eher ablehnend gegenüber einem teilweisen Erlass der Schulden. Die Verhandlungssituation ist schwieriger. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren kommt in vielen Fällen nicht in Frage und Stiftungsmittel sind als Regulierungshilfen nur in besonders gelagerten Fällen einzusetzen.

Wichtig ist, den jungen Klienten die Konsequenzen, wie z. B. Konto- oder Lohnpfändung, deutlich zu machen. Jungen Erwachsenen fehlt es oft am Überblick über ihre Schuldensituation, sie müssen erst verstehen lernen, wo die Ursachen für ihre Verschuldung liegen und ihre eigenen Handlungsweisen überdenken oder ihr Konsumverhalten ändern und auch ihre Bereitschaft zur Mitwirkung zeigen. Dieser Prozess dauert vielen jungen Menschen zu lange, so das der Kontakt abgebrochen, ggf. zu späterer Zeit aber wieder aufgenommen werden kann. Die Motivation und das Durchhaltevermögen, eine erfolgreiche Schuldenregulierung zu durchlaufen, gelingt aus der bisherigen Erfahrung beim U25-Klientel am ehesten alleinerziehenden Müttern.