18. Juli 2012

Nach der Beratungsaufnahme von Ratsuchenden in die soziale Schuldnerberatung und dem ersten persönlichen Kontakt, gegebenenfalls einem längeren Erstgespräch, ist in den Fällen, in denen eine gründliche Haushaltsanalyse durchzuführen ist, meist auch schon eine Existenzsicherung notwendig gewesen. Es sind in der Regel die Fälle, in denen wir als Überschuldungsursache „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ oder „Missverhältnis Kredit-Einkommen“ feststellen. Die Ursachen für diese Überschuldungssituationen sind breit gefächert, und wir sollten möglichst versuchen, uns mit dem Klienten zusammen diesem heiklen und sensiblen Thema zu nähern. Ich habe es einige Male erlebt, dass sobald das Thema Ausgabeverhalten angeschnitten wird, und die Nachweise (Beispiel Kontoauszüge) vorgelegt werden sollten oder auch Ausgaben notiert, die Beratung vom Klienten abgebrochen wurde. Unsere Klienten, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind oder gar nur von Sozialleistungen leben, bei denen das Geld also immer knapp ist, haben meist keinen Haushaltsplan und führen auch kein Haushaltsbuch. Es wird also eingekauft und ausgegeben solange Geld da ist, wenn dann am Ende des Geldes noch viel Monat übrig ist, borgt man sich was bei Verwandten. Über die Rückzahlung wird man sich dann schon einigen.  So oder so ähnlich sind die Aussagen, die von unseren Klienten zum Thema Haushaltsführung in vielen Fällen gemacht werden.

Einnahmen – Ausgaben

Die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben wird von uns schon bei der Anmeldung zur Schuldnerberatung, im so genannten „Startset“ abgefragt. Schon in dieser einfachen Übersicht wird nicht selten bei den Ausgaben ein Betrag angegeben, der die laufenden Einnahmen übersteigt. Wenn dies der Fall ist gibt es nur eine Aussage, die in einem kurzen Satz zusammenzufassen  ist „Einnahmen erhöhen oder Ausgaben senken“. Sie sollten sich im Rahmen der sozialen Schuldner- und Insolvenzberatung sowohl mit der Einnahmenseite als auch mit der Ausgabenseite beschäftigen und diese kritisch unter die Lupe nehmen.

Einnahmen sichern

Dazu gehört die Sichtung der Einkommens- oder Lohnnachweise und die Sichtung und Überprüfung der Leistungsbescheide des Jobcenters oder des Sozialamtes.
Die Ansprüche auf Sozialleistungen, wie zum Beispiel ergänzendes Arbeitslosengeld II, Wohngeld, Grundsicherung oder Kinderzuschlag müssen geprüft werden und gegebenenfalls Hilfe bei der Antragstellung gewährt werden. Sind zum Beispiel von den Leistungen des Jobcenters nicht alle Kosten der Unterkunft erfasst, sollte der Leistungsempfänger sich intensiv um eine angemessene Wohnung (Größe und Preis) bemühen. Wir können auch dort Hilfe und Unterstützung geben. Ist es trotz intensiver Bemühungen nicht möglich die Wohnkosten zu senken, muss das Jobcenter auch weiterhin die erhöhten Kosten übernehmen.

Ausgabenkontrolle

Um einen Überblick über die notwendigen Ausgaben zu bekommen, ist die beste Möglichkeit ein Haushaltsbuch, in dem alle fixen und variablen Ausgaben notiert werden. Die Standardhaushaltsbücher der Sparkassenfinanzgruppe sind bei uns immer vorrätig und können den Klienten mitgegeben werden. Die Aussagen vieler Ratsuchender: “ Das ist mir zu aufwändig“ kann man leicht entkräften. An jedem Abend werden regelmäßig die Ausgaben notiert, das dauert zwischen drei und fünf Minuten. Die Bedeutung liegt in der Regelmäßigkeit, das heißt auch der Betroffene muss sich jeden Tag mit seinen Finanzen auseinandersetzen. Ein wichtiger Punkt in der Ausgabenkontrolle ist auch die Sichtung der Kontoauszüge. Ein oft auftretender Fall ist die Kombination Girokonto und Ratenkredit bei der gleichen (vorzugsweise mit in früheren Zeiten „C“ beginnenden) Bank. Der Schuldner hat in diesen Fällen seiner Kredit gebenden Bank eine Einzugsermächtigung für sein Girokonto zum Rateneinzug gegeben. Dann werden von der Bank die fälligen Raten abgebucht und das Girokonto bis zum Anschlag in das Minus gefahren, aber keine Daueraufträge und Lastschriften für Miete oder Energie mehr ausgeführt. Die Meisten wissen nicht, dass die Einzugsermächtigung jederzeit widerrufen werden kann (ein Widerruf der Einzugsermächtigung ist immer mit Einschreiben und Rückschein abzuschicken – Zugangsbeweis). Für die Sicherung der Einkünfte sollte dringend ein neues Girokonto eingerichtet werden. Die Schwierigkeit dabei ist, dass jedem Bürger nach der Selbstverpflichtung der Banken nur ein Konto zusteht und die Möglichkeit ein überzogenes Girokonto zu kündigen gibt es nur eingeschränkt. Für den Überbrückungszeitraum bis die Bank das überzogene Girokonto kündigt, kann der Schuldner ein überweisungsfähiges Sparbuch einrichten und zunächst den Weg der (teuren) Überweisung für seine monatlichen Miet- und Energiezahlungen wählen. Zur Not kann man auch das Konto eines anderen Haushaltsangehörigen vorübergehend nutzen. Vorsicht !!! Auf dem Konto darf keine Pfändung liegen.

Im Einzelnen kann der Berater zusammen mit dem Klienten gesondert die Ausgabenpositionen unter die Lupe nehmen. Einsparungspotenziale sind in der Regel bei Nebenkosten der Wohnung zu finden, insbesondere bei den Verbrauchskosten Heizung und Wasser. Das gleiche gilt für den Verbrauchsstrom (Stichwort: Stand by oder Energiesparlampen). Ein weiteres Feld ist der notwendige Versicherungsschutz. Die zu klärende Frage ist, welchen Versicherungsschutz brauche ich und wo kann ich mich preiswert versichern? Hilfestellung hierzu gibt es in der Verbraucherzentrale oder im „Finanztest“.

Das Ausgabeverhalten der Klienten, die sich zwecks einer langfristigen, möglichst dauerhaften Entschuldung bei uns zur Beratung anmelden, können und sollen wir, auch wenn es uns noch so unsinnig erscheint, nicht verurteilen.
Die Ursachen können mannigfaltig sein. Angefangen von der Unfähigkeit zu rechnen (siehe Beitrag im Infodienst 4/2006 S.13), über Suchterkrankungen (welcher Art auch immer) bis hin zur Bequemlichkeit oder Faulheit, sich über Haushaltsführung Gedanken zu machen. Wir können Hilfestellungen anbieten und tun dies auch. Die Beratung von der Seite des Klienten anzunehmen ist aber immer freiwillig.

Einzelne Problemstellungen

Ein ernstzunehmendes Thema ist in jedem Haushalt mit Kindern die Frage des Taschengeldes. Wenn Taschengeld gewährt wird, ist dies nicht von der Einhaltung bestimmter Bedingungen abhängig zu machen. Es gibt dazu vielfältige Publikationen, in denen man sich informieren kann.

Bei Klienten mit Migrationshintergrund ist ein häufiges Problem das Verschicken von Geld an Verwandte in das Heimatland, obwohl ihr Einkommen kaum für die Familie reicht oder laufende Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt werden.

In Haushalten, in denen Jugendliche oder jungen Erwachsene mit eigenem Einkommen leben, steht oftmals die Frage im Raum, ob Kostgeld an die Eltern abgegeben werden soll und wie viel. Problematisch wird es immer dann, wenn Sozialleistungen bezogen werden und das Einkommen der Kinder teilweise auf
die Leistungen vom Jobcenter angerechnet werden.