22. September 2017

Die Erbschaft eines überschuldeten Nachlasses kann unter bestimmten Umständen angefochten werden.

Der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hatte über die Erbfolge einer im Alter von 47 Jahren verstorbenen Kölnerin zu entscheiden. Da die Erblasserin kein Testament verfasst hatte, waren der Ehemann und die beiden Geschwister der Verstorbenen als gesetzliche Erben berufen. Während die Schwester die Erbschaft direkt ausgeschlagen hatte, ließ der Bruder die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft zunächst verstreichen. Damit galt die Erbschaft für ihn als angenommen, § 1943 BGB. Danach erklärte der Bruder die Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Irrtums. Er habe nicht gewusst, dass der Nachlass überschuldet sei.

Der 2. Zivilsenat hat entschieden, dass der Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses zur Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB berechtigte, weil er auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht habe. Der Erbe habe gewusst, dass die Erblasserin ein Jahr vor ihrem Tod eine Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro erhalten habe und dass ein Kontoauszug einige Monate vor dem Tod ein Kontoguthaben von ca. 60.000 Euro ausgewiesen habe. Angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte habe er erwarten dürfen, dass der Nachlass werthaltig sei. Diese Erwartung habe sich nicht erfüllt. Sein Bemühen, von dem Ehemann Auskünfte über den Verbleib der Abfindungssumme zu erhalten, sei erfolglos gewesen. Mangels Informationen zum Verbleib der Abfindung und angesichts einer an ihn adressierten Krankenhausrechnung über die Behandlung der Erblasserin habe der Bruder die Annahme der Erbschaft anfechten können.