Weihnachtsgeld bei Lohn- und Gehaltspfändung: Auch wer angesichts von Lohn- und Gehaltspfändungen deutlich geschmälerte Überweisungen verbuchen kann, darf sich beim Weihnachtsgeld freuen: 500 Euro (brutto – es gilt jedoch die „Nettoberechnung“ – s.u,) pfändungsfrei im Geldbeutel.
Weil aber Lohnpfändungen bezüglich der ganz- oder teilweise pfändbaren Lohn-/Gehaltsbestandteilen von den Drittschuldnern häufig falsch berechnet werden, oder weil immer wieder nachgefragt wird, ob der Freibetrag “brutto” oder “netto” ist und wo er denn abzuziehen ist, haben wir ein Berechnungsschema als Arbeitshilfe erstellt.
Die §§ 850 ff Zivilprozessordnung (ZPO) regeln den Pfändungsschutz bei Arbeitseinkommen. § 850a ZPO regelt, welche Leistungen unpfändbar sind; unter Nr. 4 wird aufgeführt: „Weihnachtsvergütungen bis zum Betrage der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrage von 500 Euro“.
§850e ZPO regelt die Berechnung des pfändbaren Einkommen. Nach §850e ZPO sind in die Berechnung des pfändbaren Einkommens nicht mitzurechnen: „die nach §850a ZPO der Pfändung entzogenen Bezüge, ferner Beträge, die unmittelbar auf Grund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind“, d.h. Lohn- oder Einkommensteuer und die diversen Beiträge für die Sozialversicherung wie Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteile).
Das bedeutet, dass vom Bruttoeinkommen zunächst Steuern und Versicherungen abgezogen werden und das Nettoeinkommen errechnet wird. Dann werden die gem. § 850a ZPO unpfändbaren (Brutto-) Einkommensbestandteile zusammengezählt und vom Nettoeinkommen abgezogen, nachdem auch von diesen die gem. Lohnabrechnung ausgewiesenen (oder anteilig errechneten) Steuern und Sozialversicherungsbeträge abgezogen wurden. Aus der Differenz von Nettoeinkommen abzüglich Netto-Summe der Abzugsbeträge gem. §850a ZPO ergibt sich die für die Berechnung des tatsächlichen Pfändungsbetrags maßgebliche Summe. Anhand dieses Betrags kann der tatsächlich pfändbare Betrag aus der Pfändungstabelle zu §850c ZPO herausgelesen werden.
Weihnachtsgeld auch bei Kontopfändung geschützt – rechtzeitig Antrag – stellen!
Was Arbeitnehmern bei Lohn- und Gehaltspfändungen zum Jahresende schon immer eine gewisse finanzielle Hilfe war, gilt auch bei Kontopfändungen. Die Schuldnerberatung rät allen Betroffenen, sich rechtzeitig um den Schutz der unpfändbaren Beträge zu kümmern. Dies gilt auch bei Pfändungsschutzkonto (P-Konto), da die auf diesem Konto automatisch vor einer Pfändung geschützten Beträge bei Eingang eines durch Urlaubs- oder Weihachtsgeld erhöhten Einkommens u.U. nicht ausreichen!
Auch bei Kontopfändungen ist der Freibetrag beim Weihnachtsgeld zu gewähren. Doch müssen die Betroffenen beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Pfändungsschutz stellen, damit der Zugriff der Gläubiger auf die Weihnachtsgratifikation oder das Urlaubsgeld unterbleibt.
Diese Vorschriften sehen auch ausdrücklich nur den Schutz von wiederkehrenden Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis vor. Inzwischen ist längst gerichtlich geklärt, dass wiederkehrende Leistungen auch das Weihnachtsgeld fällt. So z.B. Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Beschlüsse vom 02.05.01, 2 W 53/01 und 2 W 54/01): Das Gericht bestätigte, dass es sich beim Weihnachtsgeld – wenn es jedes Jahr gezahlt wird – um wiederkehrende Einkünfte handelt und somit auch der Freibetrag gewährt werden muss.
Das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umfasst unabhängig von der Einkommensart einen automatisch geschützten Sockelbetrag von 1 330,16 Euro, durch Aufrundung gemäß § 899 Absatz 1 Satz 1 ZPO: 1 340 Euro; Stand: 1. Juli 2022 zzgl. weiterer Freibeträge je erfüllter Unterhaltsverpflichtung, ferner insbesondere Kindergeld. Diese geschützten Freibeträge werden jedoch bei Eingang von zusätzlichem Urlaubs- oder Weihnachtsgeld nicht immer ausreichen. Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag einen (höheren) pfändungsfreien Betrag festsetzen. Dieser Antrag sollte unbedingt bei einem erwarteten Urlaubs- oder Weihachtsgeld erfolgen. Hierzu besteht nach jedem Geldeingang auf dem Konto mindestens vier Wochen Zeit.
Fazit: Arbeitnehmern, denen das Konto gepfändet wird und die regelmäßig Urlaubs- oder Weihnachtsgeld beziehen, sollten rechtzeitig beim zuständigen Vollstreckungsgericht den Antrag auf Kontenpfändungsschutz stellen.
Bei Kontopfändungen durch öffentliche Gläubiger ist der Freigabeantrag an die jeweilige Vollstreckungsbehörde zu richten.