4. Januar 2023

Stefan Freeman, Birgit Knaus

Letztes Jahr haben wir uns mit der Pfändbarkeit von Kinderbonus, Heizkostenzuschuss und vor allem der Energiepreispauschale 2022 beschäftigt und damit, ob diese Leistung im Wege der P-Konto-Bescheinigung freigegeben werden konnte (zum Beitrag).

Zwar war es der klare Wille des Gesetzgebers, dass diese Leistungen bei den Empfängern ankommen sollen, jedoch war die Unpfändbarkeit der Energiepreispauschale nicht gesetzlich verankert worden. Das Amtsgericht Norderstedt in seiner Funktion als Insolvenzgericht und damit zuständig für das eröffnete Verfahren sah die Rechtsnatur der EPP in einer Art Steuererleichterung (ähnlich dem Kindergeld) und dass es daher nicht einer Lohnpfändung unterliegt (da kein Arbeitslohn). Mangels Regelung der Unpfändbarkeit sah es das Gericht aber somit als grundsätzlich nicht pfändungsgeschützt an und somit als Teil der Insolvenzmasse im eröffneten Verfahren. Eine Bescheinigung als unpfändbare Leistung im Wege der P-Konto-Bescheinigung kam danach überhaupt nicht mehr in Betracht – den Betroffenen konnte nur der Weg über einen Freigabeantrag beim Vollstreckungs- oder – in eröffneten Insolvenzverfahren – beim Insolvenzgericht empfohlen werden.

Das hat sich nun geändert: Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 (verkündet zum 20.12.2022) wurde eine kleine aber wichtige Änderung im Einkommensteuergesetz vorgenommen. Es wurde in § 122 EstG der Satz 2 aufgenommen: „Die Energiepreispauschale ist in Höhe des in § 112 Absatz 2 genannten Betrages unpfändbar“. Kurzer Satz – große Wirkung.

Mit dieser gesetzlichen Regelung gibt es nun keinen Spielraum mehr für anders lautende Entscheidungen. Es besteht Erstattungsanspruch hinsichtlich der durch den Arbeitgeber in die Insolvenzmasse überführten Beträge der EPP, ggf. entsprechenden Antrag beim Insolvenzgericht stellen.

Durch die klare gesetzliche Regelung wäre es nun sogar möglich, die Unpfändbarkeit der EPP im Wege der P-Konto-Bescheinigung festzustellen. Dafür dürfte es allerdings mittlerweile zu spät sein.

Diese Gesetzesänderung hat das Landgericht Hildesheim (Beschluss vom 30.12.2022, 6 T 63/22) aufgegriffen und festgestellt, dass der Anspruch auf die EStG-Energiepreispauschale aufgrund der nachgeschobenen gesetzlichen Regelung im §122 Satz 2 EStG nunmehr ausdrücklich unpfändbar und nicht Gegenstand der Insolvenzmasse ist. Der Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto erhöht sich entsprechend in Höhe der steuerbereinigten Energiepreispauschale. Interessant ist, dass der Antrag des Schuldners schon vom 1.9.2022 und die aufgehobene erstinstanzliche Entscheidung vom 4.11.2022 datierte, die neue gesetzliche Regelung daher Rückwirkung zukam. Soweit noch Vollstreckungsschutzanträge offen sind, könnten die Gesetzesänderung und der Beschluss des LG Hildesheim argumentativ aufgegriffen werden.

Der Beschluss kann hier heruntergeladen werden: https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/material/2023/01/2022-12-30-LG-Hildesheim-EPP.pdf